Jeder fünfte Mitarbeiter im Pflegebereich denkt ans Aufhören. „Die Zahlen sind alarmierend, zeigen aber nur, was sich schon lange abzeichnet: Wir haben eine extreme Arbeitsverdichtung und Belastung im Spitalsbereich, die pandemiebedingt noch stärker geworden ist und nicht ohne Konsequenzen bleibt“, sagt Harald Mayer, Vizepräsident und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte der Österreichischen Ärztekammer. Die Fluktuationen betreffen das gesamte Gesundheitspersonal und seien bedauerlich, aber mehr als verständlich: „Die körperlich herausfordernde Arbeit in Schutzkleidung, die Betreuung von schwer Erkrankten, Überstunden, das Einspringen bei Dienstausfällen, das sind alles Belastungen, die niemand auf Dauer meistern kann“, sagt Mayer. Keine politische Unterstützung, die fehlende symbolische Wertschätzung durch einen Coronabonus, der vor längerer Zeit versprochen, aber bis heute nicht ausbezahlt wurde, sorgen für noch mehr Frust beim Gesundheitspersonal.
Zu wenig Nachwuchs
Daniel von Langen, Turnusärztevertreter und stellvertretender Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte, erinnert an Aussagen von Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein, Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Werner Kogler, wonach der besondere Dank, Anerkennung über ein Danke hinaus und Respekt unter anderem dem Gesundheitspersonal gelte: „Leider vermissen wir - das Gesundheitspersonal in der öffentlichen Versorgung – ein entsprechendes Handeln, diesen Worten müssen dringend Taten folgen“, kritisiert er. Das Solidarsystem könne nicht davon leben, dass es diejenigen, die es tragen, bis zur vollen Erschöpfung ausnutze. Davon betroffen sei nicht nur die Pflege, sondern ebenso die Ärzteschaft, auch hier ist mit einer Verschärfung der Personalsituation zu rechnen: „Neben den Abgängen bei Spitalsärzten haben wir ein massives Problem beim Ärztenachwuchs“, betont von Langen. Die Rahmenbedingungen für die Ärzteausbildung seien regional nach wie vor sehr unterschiedlich, zudem gebe es eine enorme Konkurrenzsituation: Allein in Deutschland wird seit Jahren die Zahl der Medizinstudienplätze sukzessive reduziert. Im Jahr 2020 gab es 10.500 Plätze – mit einem Numerus Clausus von 1,0. Zum Vergleich: In Österreich, das zehnmal kleiner ist, stehen jährlich 1.740 Medizinstudienplätze zur Verfügung: „Das führt natürlich dazu, dass wir hier einen Absaugeffekt durch das deutschsprachige Ausland haben, weil dort zu wenig Nachwuchs ausgebildet wird“, kritisiert von Langen: „In Kombination mit dem Kassenärztemangel in einigen Jahren haben wir hier ein echtes Problem, das angegangen werden muss.“ (sni)